Was motiviert Sie, für das Schulratspräsidium zu kandidieren?
- Ruth Lehner
- Stefan Rindlisbacher
Durch meine Tätigkeit im Schulrat nehme ich den Blick auf die Schule noch einmal aus einer anderen Perspektive wahr. Zudem habe ich in meinem jetzigen Beruf an der Pädagogischen Hochschule ein vertieftes Fachwissen in allgemeiner Didaktik und Pädagogik und der Eignungsüberprüfung von angehenden Lehrpersonen aufgebaut. Dieses Wissen kann ich bereits jetzt einbringen. Die Tätigkeit im Schulrat macht mir grosse Freude und nach mehr als fünfzehn Jahren in der Ausbildung von Lehrpersonen ist dies für mich eine spannende Herausforderung. Im Hinblick auf die Qualitätsentwicklung bringe ich optimale Voraussetzungen mit.
Es ist in erster Linie die Gelegenheit, auf der Führungsebene der Schule wirksam zu werden. Durch meine 20-jährige Schulerfahrung, meine Tätigkeit als Vizepräsident des Verbandes der Oberstufenlehrpersonen des Kantons, durch meine Funktion als Praktikumsleiter für angehende Lehrer*innen und durch meine Einblicke auf Schulleitungsebene ist es für mich nun der logische Schritt. Dass es sich um die Schule Gossau handelt, wo ich aufgewachsen bin, macht es für mich zu etwas ganz Besonderem.
Welchen Bezug haben Sie zur Schule Gossau?
- Ruth Lehner
- Stefan Rindlisbacher
Ich bin in Gossau zur Schule gegangen, mein Sohn besucht die Oberstufe und ich bin Schulrätin mit den Zuständigkeitsbereichen Medien und Informatik, Frühe Förderung und Oberstufe. Dadurch bin ich in verschiedene Projekte der Schule involviert und habe ein ausgezeichnetes Kontaktnetz zu unseren Partnern.
Meine drei Söhne (6 bis 12 Jahre) gehen hier zur Schule. Zudem beschäftige ich mich auf schulischer wie auch auf Verbandsebene mit wichtigen Themen, mit welchen sich zurzeit alle Schulen auseinandersetzen: Beurteilungskonzept, Eckwerte zur Schullaufbahn, Integration, Digitalisierung, Tagesstruktur, um nur einige zu nennen.
Was sind die herausstechenden Merkmale der Schule Gossau?
- Ruth Lehner
- Stefan Rindlisbacher
Die Schule hat zahlreiche herausstechende Facetten, z. B., dass es um die Schule «ruhig» ist. Das heisst, es dringen keine internen Angelegenheiten nach aussen. Dies funktioniert deshalb so gut, weil die Schulleitungen und Lehrpersonen die Probleme erkennen und thematisieren. Der Schulpräsident nimmt sich dieser Aufgaben an und muss immer wieder in schwierigen Situationen mit allen Beteiligten umsichtig handeln und entscheiden. Urs Blaser gelingt dies ausgezeichnet. Unsere Angestellten bezeichnen die Schule auch deshalb als attraktiven Arbeitgeber.
In Kindergarten und Primarschule sind die einzelnen Schuleinheiten gut in die Quartiere eingebettet. Auf der Oberstufe bietet sich ein vielfältiges Angebot mit den beiden Oberstufenzentren, aber auch mit der Maitli-Sek und dem Gymnasium Friedberg. Das sind aber nur die äusseren Merkmale. Wichtiger sind die inneren Werte, die gelebt werden. Dabei denke ich an die Schulkultur, das gesunde Leistungsdenken, die Schulleitungen, welche ihre Teams zur ständigen Reflexion motivieren, und vor allem an die engagierten Lehrpersonen selbst, welche die Arbeit mit den Kindern ins Zentrum stellen und die Eltern, Schulsozialarbeit und Therapiepersonen gezielt einbeziehen. Es ist das Gesamtpaket, das die Schule so stark macht.
Was macht die Schule besonders gut? Wo hat sie noch Optimierungspotenzial?
- Ruth Lehner
- Stefan Rindlisbacher
In der Schule wird eine hohe Integrationsleistung erbracht. Unsere Lehrpersonen arbeiten aktiv daran und werden von der Schulführung darin unterstützt. Das Anspruchsniveau der Schüler*innen ist hoch angesetzt und fast alle verlassen die Schule mit einer Anschlusslösung. Optimierungsbedarf sehe ich in der fokussierten Qualitätssicherung, damit wir wissen, ob unsere umgesetzten Massnahmen auch Wirkung zeigen, von der Schulleitung bis zum einzelnen Schulkind. Zudem können wir noch mehr Innovationen aktiv anregen und die Elternmitwirkung ausbauen.
Es ist gerade diese Tatsache, dass die Schule erkennt, dass sie Optimierungspotenzial hat, was sie besonders gut macht. Das zeigt das Beispiel der momentan laufenden externen Evaluation. Die einzelnen Schuleinheiten haben dabei Evaluationsbereiche erarbeitet, in denen sie Entwicklungspotenzial sehen. Aus diesen Erkenntnissen können Ziele formuliert werden, an denen gemeinsam gearbeitet wird. Mir ist aufgefallen, dass die wirksame Gestaltung des Unterrichts und damit das Kind im Zentrum steht.
Die Schule hat viele Anspruchsgruppen: Schüler*innen, Eltern, Lehrer, Politik. Wie sehen Sie in diesem Umfeld die Rolle des Schulratspräsidenten?
- Ruth Lehner
- Stefan Rindlisbacher
Der Schulpräsident ist die Drehscheibe für alle Anspruchsgruppen und muss strategische Entscheidungen fällen. Er leitet die Schulleitungen und ist mit ihnen und dem Schulrat verantwortlich für die Schulentwicklung. Der direkte Kontakt zu Schüler*innen und Eltern läuft in erster Linie über die Lehrpersonen und Schulleitungen. In bestimmten Situationen, wie z. B. an den Anlässen des Elternforums der Oberstufe, kann es sinnvoll sein, dass der Schulpräsident den direkten Kontakt hat. Gegen aussen vertritt der Schulpräsident die Schule bei den regulären Geschäften im Stadtrat und Parlament. Zudem informiert er oder sie regelmässig in den Medien zu den aktuellen Inhalten aus der Schule.
Er nimmt die Rolle des strategischen Leiters, Koordinators und Kommunikators wahr. Er verbindet alle Anspruchsgruppen und regt zur Zusammenarbeit an. Ich möchte, sollte ich gewählt werden, partizipativ planen und so kommunizieren, dass die Entscheide und Strategien nachvollziehbar für die Betroffenen sind. Dabei baue ich auf die Stärken und die Professionalität der einzelnen Organe und bin mir der Wichtigkeit des Miteinanders sehr bewusst.
Die Erwartungen an die Schule sind gross. Laufend werden neue Lerninhalte an die Schule herangetragen. Wo und wie sollte sich die Schule aus Ihrer Sicht inhaltlich weiterentwickeln?
- Ruth Lehner
- Stefan Rindlisbacher
Grundsätzlich sind die Lerninhalte im Lehrplan festgehalten. So führt nicht jeder neue Trend zu Unsicherheit, ob dieser zum Schulstoff gehört oder nicht. Auch der Lehrplan muss regelmässig dem gesellschaftlichen Wandel unterzogen und neu ausgehandelt werden. In der Schule werden weiterhin der Aufbau von Medienkompetenz und die überfachlichen Kompetenzen wie zum Beispiel der soziale Umgang wichtig bleiben. Gemäss den Aussagen zum Megatrend «Wissen» wird uns in Zukunft die Art und Weise, wie wir uns Informationen aneignen und verarbeiten, verändern. Auch «Gesundheit» ist ein Megatrend und wird je nach Entwicklung von Covid-19 den Schulalltag weiterhin prägen, z. B. bei der Hygiene, Begrüssungsformen usw.
Mit der Implementierung des Lehrplans 21 ist die Volksschule bereits auf dem Weg dieser inhaltlichen Weiterentwicklung. Was es jetzt braucht, ist Ruhe, damit die Lehrpersonen ihren Unterricht auf diese «neuen» Kompetenzen ausrichten können und den Unterricht so wirksam und nachhaltig wie möglich gestalten. Das ist eine herausfordernde Arbeit und es braucht sicher auf verschiedenen Ebenen unterstützende Massnahmen wie Weiterbildung, Lehrmittel, Ausstattung der Schulzimmer, Zeitgefässe, Absprachen usw., damit die Erwartungen erfüllt werden.
Sie beide haben das Homeschooling aus verschiedener Optik erfahren. Welches sind Ihre spezifischen Learnings daraus?
- Ruth Lehner
- Stefan Rindlisbacher
Distance Learning, wie wir es bezeichnen, ist aus einer Notsituation heraus sehr kurzfristig aufgebaut worden. (Homeschooling ist ein anderer Ansatz, weil dort die Eltern für oder mit den Kindern die Aufgaben festlegen ohne eine Lehrperson.) Aus dieser Zeit nehme ich vor allem aus dem eigenen Unterricht mit den Studierenden und dem meines Sohnes sowie den Rückmeldungen von vielen Eltern in meinem Umfeld mit, dass es auf die «guten Aufgaben» ankommt. Das sind Aufgaben, welche die gesetzten Ziele abdecken, hohe Lernintensität ausweisen und Kinder und Jugendliche motivieren. Dies kann bei Hausaufgaben, aber auch bei bewussten Settings im Fernunterricht möglich sein. Dies bietet Chancen, neue Wege im Unterricht zu beschreiten.
Ich habe gelernt, dass nichts selbstverständlich ist. Wir dürfen nicht erwarten, dass für alle dasselbe möglich ist. Wir müssen uns für die Schwachen stark machen, damit sie in ihren Möglichkeiten Freude an ihrer Lernentwicklung erleben. Wir müssen uns aber auch für die Starken stark machen, damit sie ihr Potenzial entfalten können. Auf diesem Weg brauchen Kinder und Jugendliche starke Lehrerpersönlichkeiten, welche eine echte Beziehung anbieten. Die Schüler*innen müssen sich darauf verlassen können, dass jemand für sie da ist – echt und nicht nur durch einen Bildschirm.
Die städtischen Schulen sind ein grosser Arbeitgeber. Wie möchten Sie, dass die Lehrpersonen Sie als oberste/-n Personalchef/-in wahrnehmen?
- Ruth Lehner
- Stefan Rindlisbacher
Ich sehe mich als Personalchefin mit einer partizipativen Grundhaltung, welche die Mitarbeitenden unterstützt, motiviert und sie in ihrer Entwicklung weiterbringt. Ich werde ein offenes Ohr für alle Angestellten der Schule haben. Klare Entscheidungen sind für gelingende Abläufe und Umsetzungen zentral und ich werde diese gegen innen und aussen einfordern und vertreten.
Ich möchte, dass die Lehrpersonen spüren, dass ich auf sie höre und baue. Sie sind die Unterrichtsprofis und durch sie werden die Leistungen der Schüler*innen gefördert. Die Schule ist nur so gut, wie es sich im Unterricht zeigt. Gleichzeitig erwarte ich von den Schulleitungen, dass sie dieses Potenzial fördern. Ich möchte ein Klima des gegenseitigen Vertrauens und Respekts pflegen, das es ermöglicht, aus Fehlern zu lernen.
Als Schulratspräsident/-in sind Sie auch Mitglied des Stadtrates und werden die Entwicklung der Stadt mitprägen. In welchen Bereichen ist Gossau «gut», wo sollte sich die Stadt weiterentwickeln?
- Ruth Lehner
- Stefan Rindlisbacher
Gossau erhält das Prädikat «gut» für die umsichtigen Entscheide und genauen Abklärungen in den anstehenden Geschäften. Deshalb ist es wichtig, dass wir bereits laufende Prozesse zügig weitertreiben und nicht versuchen, diese durch ständig neue Aspekte zu verlangsamen oder zu stoppen.
Da gibt es vieles zu erwähnen! Durch das hervorragende Bildungs- und Betreuungsangebot, das gesunde Vereinsleben, die vielfältige Bevölkerung, die wunderbaren Naherholungsgebiete, die exzellente Verkehrsanbindung, die gute Infrastruktur und die Bestrebungen, umweltbewusst und sorgsam mit den Ressourcen umzugehen, ist Gossau eine Stadt, die der Bevölkerung und Firmen alles bietet. In all diesen Bereichen steckt aber auch Potenzial, das es auszuschöpfen gilt. Augenmerk muss auf eine haushälterische Bodenpolitik gelegt werden, die aber im privaten und industriellen Bereich architektonisch und wohnlich überzeugen soll. Die Rahmenbedingungen für Gewerbe und Detailhandel sollen optimiert und Anreize zur Ansiedlung hochtechnologischer Unternehmen geschaffen werden. Wenn es gelingt, klimafreundliche Projekte zu verwirklichen, ist das ein Gewinn für die Firmen und für Gossau. Vielversprechend kann die Unterstützung querdenkender Start-ups sein, die frischen Wind in bestehende Strukturen und neue Angebote bringen.
Weshalb sollten sich die Gossauer Wählerinnen und Wähler für Sie entscheiden?
- Ruth Lehner
- Stefan Rindlisbacher
Meine beruflichen Qualifikationen und vielseitigen Erfahrungen im schulischen Umfeld, die familiäre und politische Verankerung in Gossau und mein Herzblut für die Schule und die Politik umfassen alle Facetten, die es für dieses Amt braucht. Mit meiner Wahl wäre ich die erste Schulpräsidentin in Gossau.
Ich bin ein grosser Fan von Gossau und der Volksschule. Mir wäre es eine Ehre und grosse Freude mitzuhelfen, Gossau als Stadtrat und Schulpräsident mitzugestalten und nach aussen zu vertreten. Ich bin hier aufgewachsen und wieder hierhin zurückgekehrt. Ich kenne die Schule in allen Bereichen sehr gut und bin überzeugt, die Schule – zusammen mit einem guten Team – weiterentwickeln zu können. Hier war und bin ich Kind, Schüler, Vater, Ehemann, Familie, Lehrer, Gewerkschafter – Gossauer.